AnalyticsDotCom's Blog

Der Terrorismus, der Krieg und das Informationsmanagement

Posted in Afghanistan, Bundeswehr, Geheimdienste, Informationsmanagement, Sicherheitspolitik by analyticsdotcom on 06/01/2010

Lernen für Afghanistan

Der amerikanische Präsident Barack Obama ist stinksauer. Hintergrund ist ein nur durch Zufall missglückter Terroranschlag auf die Northwest Airlines Flug 253 am 25. Dezember 2009 in Detroit . Es wurden erhebliche Mängel bei den Geheimdiensten sowie weiteren Sicherheitsbehörden hinsichtlich Analyse, Koordination und bei den Informationsflüssen deutlich. Die Frage nach Verbesserung der Informationsflüsse und der Analyse von Informationen sowie deren Verfügbarkeit drängt sich förmlich auf.

Die Geheimdienste: Masse statt Klasse?

Das wohl bekannteste Beispiel des Versagens der Geheimdienste sowie anderen Sicherheitsbehörden in der neueren Zeit sind die Terroranschläge am 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York, auf das Pentagon und der Absturz bei der Ortschaft Shanksville. Obwohl in den USA und auch international eine Vielzahl von Hinweise vor dem Anschlag bereits vorhanden waren, blieben diese weitgehend unbeachtet und gingen in einem Meer von Bürokratie, Dilettantismus und internationaler, zwischenstaatlicher Unfähigkeit unter. Das Ergebnis ist bekannt: Nahezu 3000 Tote. Und der „War on Terror“ war geboren.

Die damalige US-Regierung unter George W. Bush und alle NATO-Mitglieder betrachteten den Terrorangriff vom 11. September als Bündnisfall im Sinne des Nordatlantikvertrages, Artikel 5. Für Bush wurde zwangsläufig deutlich, dass er die amerikanischen Geheimdienste reformieren und umstrukturieren musste. Ob diese Umstrukturierung gelungen ist, lässt bei Experten Zweifel aufkommen: Eine Vielzahl von Organisationen, die zum Teil im Wettbewerb zueinander stehen und unter dem Begriff „United States Intelligence Community“ zusammengefasst sind. Der durch Zufall nicht detonierte Sprengkörper des Attentäters Umar Farouk Abdulmutallab im Flug Northwest Airlines Flug 253 hat bei Barack Obama vermutlich das letzte Quantum Geduld bezüglich seinen Geheimdiensten und weiteren Sicherheitsdiensten verlieren lassen: Obama lässt seine Spitzenberater aus dem Bereich Geheimdienste, Sicherheit und Terrorismusabwehr zum Rapport antreten.

Obama’s deutliche Kühle gegenüber den Anwesenden ist spürbar, so berichten die Medien. Obama’s Ergebnis: Alle Informationen zur Abwehr des Anschlags auf Flug 253 waren rechtzeitig verfügbar – einige Dienste haben bei der Auswertung von Informationen jedoch schlichtweg versagt. Insbesondere das National Counterterrorism Center – das amerikanische, nationale Terrorismusabwehrzentrum – hat versagt. Obama wird daraus Konsequenzen ziehen. Ob damit auch personelle Konsequenzen verbunden sein werden, stand zum Zeitpunkt, als dieser Artikel verfasst wurde, noch nicht fest.

Als ob damit nicht schon genug wäre ereilt der Barack Obama die nächste schlechte Nachricht aus seinen Geheimdiensten – diesmal ein Albtraum aus Afghanistan: Ein Selbstmordattentäter, der offensichtlich als Doppelagent für den Jordanischen Geheimdienst und für al-Qaida tätig war, sprengt sich in einem amerikanischen Camp in die Luft und tötet dabei weitere acht Personen, sieben Mitarbeiter der CIA sowie seinen jordanischen Führungsoffizier. Eine ebenfalls vermeidbare Panne der „Intelligence Community“?

Auch diese Nachricht aus Afghanistan ist noch nicht richtig verarbeitet, da wird ein 28-seitiger Report („Blueprint“) veröffentlicht, der eine brutal-nüchterne Analyse über die nachrichtliche Aufklärungsarbeit („Intelligence“) im operativen Einsatz vor Ort in Afghanistan liefert: „Fixing Intel: A Blueprint for Making Intelligence Relevant in Afghanistan“. Die Autoren: Generalmajor Michael T. Flynn, US Army, zur Zeit oberster Chef aller nachrichtendienstlichen Aktivitäten (Chief J2 – CJ2) im ISAF-Einsatz, sowie Captain Matt Pottinger, United States Marines Corps (USMC) und Paul D. Batchelor vom amerikanischen Militärgeheimdienst Defence Intelligence Agency (DIA). Alle drei sind Personen, die von ihrem „Geschäft“ etwas verstehen. Die Analyse bzw. der Report sorgt für ganz erhebliche Unruhe in einigen Kreisen der amerikanischen „Intelligence Community“.

In den US-Medien ist teilweise von „Nestbeschmutzung“ die Rede. Auch in Deutschland ist man in einigen Gesprächskreisen irritiert: „Würde ein deutscher Drei-Sterne-General es wagen, seine „Denkschrift“ zu bestimmten Sachverhalten, zu bestimmten durchaus zutreffenden Problemen über einen der deutschen „think tanks“ – also in einer „Denkfabrik“ – öffentlich zu publizieren?“ Kaum vorstellbar. Eher würde in Deutschland eine Studie oder ein Bericht leise und unauffällig „in der Schublade“ verschwinden, falls diese (politisch) nicht sonderlich gut ausfallen würde. Oder ein solches Papier würde vielleicht auf unbekanntem Wege bei Wikileaks auftauchen. Generalmajor Flynn geht die Sache direkt an: Brutal öffentlich, kein Platz für Bedenkenträger, kein Platz für politische Mätzchen oder für Hintergrundrangeleien. Er beschreitet „the way of no return“.

Ich habe die 28 Seiten der kritischen „Denkschrift“ von Generalmajor Michael T. Flynn et all. in Ruhe gelesen. Im Nachhinein muss ich sagen: Ich habe dies mit Genuss getan. Generalmajor Flynn et all. beschreiben in der Denkschrift Informations- und Kommunikationsprobleme, die mit üblicher nachrichtendienstlicher Tätigkeit so gut wie nichts zu tun haben, die Bewältigung der beschriebenen Probleme jedoch für die Befriedung, für die Stabilisierung und für den Wiederaufbau Afghanistans essentielle Bedeutung haben. Geheimnisse, die möglicherweise sicherheitsrelevant sind, verraten Flynn und seine Mitautoren nicht. Das, was die Autoren in der Denkschrift beschreiben, kennt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest die regionale Führungsebene der al-Qaida, kennen die Warlords, kennt der regionale und überregionale Drogenhandel und kennen selbstverständlich auch diverse afghanische Regierungskreise sowie nahestehende Personen.

Alles, was in der Denkschrift angemerkt ist, ist zutreffend – über Afghanistan, über die dortigen „Regional Commands“ der ISAF, über die Probleme der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches der ISAF mit NGOs oder mit den vielen anderen Organisationen aus allen möglichen Staaten, die in Afghanistan tätig sind. Ich persönlich hatte im Sommer 2009 Gespräche, die unter anderem die Problematik der Kommunikation zwischen militärischen und nicht-militärischen Organisation im Einsatz in Afghanistan betrafen. Das Gesamtergebnis als Lagefeststellung bezüglich der Kommunikation: Mangelhaft. Und dieses Ergebnis berücksichtigt auch, dass es sogenannten „sensitive“ und „nicht- sensitive“, also „offene“ Informationen gibt, die mit Dritten problemlos geteilt werden können, weil sie keiner Sicherheitseinstufung unterliegen.

Wenn Flynn et all. nur die Zustände in Afghanistan beschrieben und nur herumkritisiert hätten, wäre dies bedauerlich gewesen. Wie jedoch zu erwarten wird in der Denkschrift auch ein Lösungsansatz präsentiert, der in Bezug auf Schlüssigkeit und Durchgängigkeit strukturierten Denkens und daraus wiederum abzuleitendem und zwingend erforderlichem Handeln kaum zu übertreffen ist. Der Lösungsansatz ist geprägt vom holistischen Denken und einem daraus resultierenden ganzheitlichen Handeln. Und das Wesentliche und das Faszinierende an dem Lösungsansatz ist: Er sind realistisch umsetzbar – für die Amerikaner, für die gesamte ISAF, für die NATO, für alle Verbündete und für alle sonstigen beteiligten Organisationen, Firmen oder Personen, die in Afghanistan Aufgaben wahrnehmen – jetzt und für die noch vor uns liegenden Jahre des Wiederaufbaus. Ein Zögern zur Umsetzung wäre unverantwortlich.

Seitenhiebe teilen Flynn et all. jedoch auch aus: Auf die „Dienste“ und Organisationen, die die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden haben und glauben mit einem kräftigen „weiter so“ oder „da sind wir nicht für zuständig“ weiter machen zu können. Den geistigen Horizont der persönlichen Leistungsfähigkeit habe solche „Zeitgenossen“ schon weit überschritten . Es gibt halt Menschen, die haben aus mittlerweile acht Jahren Afghanistan immer noch nicht ausreichend gelernt und ihr Denken und Handeln entsprechend verändert. Und diese Menschen scheinen auch eins zu vergessen: In Afghanistan herrscht seit nunmehr seit 30 Jahren Krieg – in unterschiedlichen Ausprägungen.

Wenn man das, was Flynn et all. in der Denkschrift als Lösungsansatz ausführen, konsequent organisatorisch und technisch im ISAF-Einsatz transnational umsetzt, kommt noch ein weiterer hochinteressanter Aspekt hinzu, der in der Denkschrift nicht explizit beschrieben wird: Die Prognostizierbarkeit von regionalen und überregionalen Entwicklungen, seien es ökonomische Entwicklung jeglicher Art, seien es Entwicklungen bestimmter sozialer Trends, Entwicklungen im Gesundheitswesen, der Infrastrukur oder aber auch Entwicklungen und Frühwarnsignale für Fehlentwicklungen, wie beispielsweise Anstieg von Kriminalität. Kurz: Damit wäre quasi quantitativ ablesbar, wie weit die Gesamtentwicklung und der Aufbau in Afghanistan fortschreitet.

Wenn man sich jetzt nochmals die Schlagzeile dieses Artikels „Der Terrorismus und das Informationsmanagement“ – „Lernen für Afghanistan“ vor Augen führt, wird deutlich, dass erst durch die prekäre Lage in Afghanistan das notwendige Handlungsbewusstsein erzeugt wird – nicht nur für die Lage in Afghanistan. Bei entsprechender Organisation und Strukturierung sowie der Ausstattung mit qualifizierten Personal und Technik vor Ort in Afghanistan lassen sich zudem quasi als „Abfallprodukt“ von Informationen quantifizierbare kurz-, mittel- und langfristige Trendanalysen und damit untermauerbare Aussagen treffen.

Damit geraten Aussagen wie „der Abzug der US-Truppen in Afghanistan beginnt Mitte 2011“ nicht zu einem politisch motivierten Wunschdenken, welches durchaus auch die Regierung Karzai unter Druck setzt, sondern wird durch Trendentwicklungen in verschieden zivilen Sektoren Afghanistans – wie weiter oben auszugsweise beschrieben – auch glaubwürdig untermauert, falls die positiven (zeitlichen) Entwicklungen denn so eintreffen sollten. Barack Obama möge mir meine Direktheit verzeihen. Aber ein vorzeitiger Abzug der ISAF-Truppen ohne den wirtschaftlichen und sozialen Erfolg für stabiles Afghanistan ist unsinnig und billiger politischer Populismus. Bei einem vorzeitigen Abzug der Truppen wäre sämtlicher Blutzoll für alle gefallenen Soldaten aller Nationen und der getöteten Zivilisten vergeblich gewesen.

Der in der Denkschrift beschriebene Lösungsansatz von Generalmajor Michael T. Flynn und seinen Mitautoren ist wiederum nur ein Baustein in einer Gesamtstrategie zur Stabilisierung Afghanistans – allerdings ein ganz wichtiger. Denn die Frage nach einer Strategie beinhaltet immer vier ganz wesentliche Hauptbestandteile:

  • Erstens, wo will ich hin?
  • Zweitens, wo stehe ich gerade?
  • Drittens, welche „Player“ unterstützen oder stören das Vorhaben (stakeholder analysis)?
  • Viertens, wie komme ich an das Ziel (Einsatz von Ressourcen, also Personal, Material, Zeit, Raum, Geld, Information/Wissen)?

Um eine Strategie zu planen und umzusetzen bedarf es als allerersten Arbeitspunkt erst einmal der Analyse: „Wo stehe ich gerade?“ – also Punkt zwei der obigen Aufzählung. Flynn und seine Mitautoren haben genau diesen Punkt in ihrer Denkschrift in wesentlichen Kernbereichen erkannt und beschrieben.

Die Afghanistankonferenz, die im Januar 2010 in London stattfindet, soll nach Vorstellung des amerikanischen Präsidenten Barack Obama eine reine Truppenstellerkonferenzwerden. Die deutsche Bundesregierung wird nach bisherigen Verlautbarungen auf der Konferenz zunächst jedoch Fragen nach der Strategie für Afghanistan stellen, bevor sie weitere Entscheidungen treffen wird.

Dazu will die Bundesregierung eine Arbeitsgruppe aufstellen, die an einem eigenen Konzept für den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch plant. Beteiligt zur Vorbereitung der Afghanistan-Konferenz sind das Auswärtige Amt, das Verteidigungsministerium, das Kanzleramt, das Entwicklungshilfeministerium und das Innenministerium. Sinnvoll und löblich – ein Blick der Arbeitsgruppe in die Denkschrift von Flynn et all. kann nicht nur nicht schaden, sondern erspart möglicherweise tagelanges Gehirnjoggen über Dinge, die andere schon längst durchdacht haben. Hier die Denkschrift auch als Direktlink.

Wie heißt es doch so schön? Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Und mit dem Denken – das bekommen wir auch noch in den Griff. Wir lernen ja noch – für Afghanistan.

Ralf R. Zielonka

6. Januar 2010

2 Antworten

Subscribe to comments with RSS.

  1. Ralf Zielonka said, on 09/01/2010 at 00:31

    Herzlich willkommen, Bendler-Blog, Sascha Stoltenow!

    Ein hervorragender Hinweis und Beitrag. Danke!

    Es wäre wünschenswert, wenn unsere Damen und Herren aus Regierung und Opposition diesen Beitrag sowohl zur Kenntnis nehmen als auch zum Verständnis verinnerlichen würden. Dann würden volkspopulistische Rufe oder Medienmitteilungen wie „sofortigen Abzug aus Afghanistan“ vielleicht unterbleiben.

    Frechheit siegt oftmals dann, wenn das Wissen des „Gegenübers“ geringer ist als das eigene Wissen. Was allerdings große Fragen aufwirft: Auch wenn die USA Lead Nation sind und man Ignoranz unterstellt – es sind in den acht Jahren über 40 Nationen in Afghanistan tätig. Es haben aus allen Nationen eine Vielzahl von Politikern das Land besucht und sich Eindrücke über die Lage und Entwicklung gemacht. Und keiner hat will etwas gemerkt haben, dass die Lage und die Situation in Afghanistan deutlich anders ist? Das gibt zu denken.

    Die Autoren von „Fixing Intel: A Blueprint for Making Intelligence Relevant in Afghanistan“ Major General Michael T. Flynn, US Army, Captain Matt Pottinger, United States Marines Corps (USMC) sowie Paul D. Batchelor, Defence Intelligence Agency (DIA) scheinen ein paar ‚Kollegen‘ in den USA und im Pentagon mächtig auf die Füße getreten zu haben, wie einigen Medienberichten entnehmen ist. Ich pflege zu sagen: „Nur Leidensdruck bringt Veränderungen.“

    Insbesondere Flynn hat bei mir den Eindruck erzeugt, dass er dem jetzigen Oberbefehlshaber der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF (COMISAF), General Stanley McChrystal, irgendwie ähnelt. Dieser soll zu Gesprächspartnern gesagt haben, als er nach einem nächsten Gesprächstermin fragte: „Ich erwarte keinen Blick in den Terminkalender, sondern einen Blick auf die Armbanduhr.“ Very straight…

    Eine eigenständige deutsche Strategie ist allein nicht überlebensfähig in Afghanistan, abgesehen davon: Was würde geschehen, wenn die Italiener, die Franzosen, die Niederländer usw. alle jeweils ihre eigene Strategie entwickeln würden? Eine gemeinsame Marschrichtung der ISAF in Verbindung mit den dort tätigen zivilen Organisationen oder Nichtregierungsorganisationen (NGO) ist erforderlich. Die damit verbundene, erforderliche Kommunikation ist ein ganz wesentlicher Faktor. Das haben Flynn et all. in dem oben genannten ‚Blueprint‘ ebenfalls herausgestellt.

    Denn bisher scheint es in den vergangenen acht Jahren in Afghanistan eher so etwas wie eine babylonische Sprachverwirrung gegeben zu haben: Keiner wusste genau Bescheid über die vielfältigen Faktoren und Dinge, die in diesem Land, welches seit faktisch 30 Jahren Krieg hat, zu beachten sind. Es gab quasi bisher keine kontinuierliche, organisatorische Aufbereitung diverser Informationen. Wenn man dann auch noch berücksichtigt, dass die jeweiligen Einsatzkontingente der ISAF im Rhytmus von vier bis sechs Monaten wechselten – wie viele Informationen gingen dann bei jedem Wechsel wieder verloren?

    Aktuellen, unbestätigten Pressemeldungen zu Folge denkt die Bundesregierung über eine Aufstockung von 1.000 bis 1.500 Soldaten http://bit.ly/5bw4ON nach. Es bleibt abzuwarten, wie die tatsächlichen Entscheidungen bis zur Afghanistan-Konferenz am 28. Januar 2009 in London ausfallen werden.

  2. Sascha Stoltenow said, on 08/01/2010 at 21:25

    Wie heißt es so schön? Common sense is not so common after all …

    Auch ich habe das Papier mit Genuß gelesen, und fühlte mich spontan an ein zentrales Werk aus meinem Studium erinnert. Tzvetan Todorov: Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen. http://www.amazon.de/Die-Eroberung-Amerikas-Problem-Anderen/dp/3518112139

    In a nutshell: Der Schlüssel zur Vernichtung der indigenen Völker durch Cortes und andere Europäer, war vor allem, ihre Kultur zu verstehen und gegen sie zu wenden. Übertragen auf Afghanistan und die proklamierten Ziele des Westens: Nur wenn wir und bemühen, die Afghanen wirklich zu verstehen, haben wir zumindest eine minimale Chanche, sie zu beeinflussen. Dazu auch ein sehr lesenswerter Beitrag auf der Seite des Afghan Analyst Networks vom April 2008: http://aan-afghanistan.com/index.asp?id=506

    Angesichts des geballten verfügbaren Wissens, ist die politische Rhethorik der vergangenen Jahre eine simple Frechheit, wenngleich das Scheitern auch angesichts der Ignoranz der Lead Nation USA zu verstehen ist. Der Bericht zeigt jedoch deutlich, dass auch in den US-Streitkräften kluge Köpfe sind, und es ist zu hoffen, dass es diesen gelingt den zukünftigen Diskurs in diesem Sinne zu beeinflussen. Eine eigenständige deutsche Strategie muss in diesem Zusammenhang zweierlei zur Folge haben: Einen ebenso kulturzentrierten Ansatz entwickeln, der einen bottom-up Aufbau ermöglicht (also die Ressourcen den Afghanen in die Hand gibt) und gleichzeitig die entsprechenden Truppen bereitstellen. Damit wäre Deutschland in der Lage, diesen Ansatz sowohl praktisch am Boden zu schützen als ihn auch durch erweitertes Engagement gegenüber den USA zu legitimieren. Eine Größenordnung von 1.000 bis 2.000 Soldaten wäre dazu wohl nötig.


Kommentare sind geschlossen.